Heinz Witte-Lenoir Hude-Lintel 1880-1961 Hude

Heinz Witte, so der ursprüngliche Name dieses Malers, stammte aus Lintel/Hude. Er war Sohn eines kleinen Bauern. Nach dem Besuch der einklassigen Dorfschule in Lintel wird er auf Anraten seines Vaters  Eisenbahner bei der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn. Auf dem Bahnhof Löningen findet er seinen Arbeitsplatz. Heinz Witte hatte schon als Schüler viel gezeichnet. Auch seine erste Liebe in Löningen wurde von ihm porträtiert. In einem Oldenburger Rahmengeschäft  sah der Oldenburger Maler Professor Benno Schumacher  dieses Bild. Er suchte Kontakt  zu Witte und schlug ihm spontan vor, ihn nach Bologna zu begleiten. „Nun hängte ich die Eisenbahnermütze an den Haken“, berichtete er selbst schmunzelnd später. Sein Leben nahm von diesem Tag an einen anderen, einen aufregenden Verlauf. Nie hätte er es sich träumen lassen, was nun folgte.

Bologna, Venedig und Rom waren die ersten Stationen. Nach der ersten Reise Zwischenstation in Oldenburg. Unterricht bei Bakenhus in Kreyenbrück. Mit 19 Jahren geht er ohne den üblichen Abschluss einer deutschen Akademie nach Paris. Es war ein großes Wagnis, wie vieles war er später unternahm. Ohne höhere Schulbildung, mit nur geringen Sprachkenntnissen und  ohne sicheren finanziellen Hintergrund aus dem Elternhaus hatte er ungewisse Zukunft vor sich.

Im Gepäck wenig Geld für die ersten Wochen, im Herzen die Liebe zur Kunst, im Kopf den unbändigen Willen in dieser Metropole der Kunst sich zu informieren und zu studieren, nicht nur an den zwei Akademien, die er besucht, sondern auch in den Museen, den unzähligen Galerien und  fast täglichen Vernissagen. Fasziniert von den angebotenen Möglichkeiten arbeitet er wie besessen. Witte skizziert, zeichnet, malt im Atelier, in der Akademie und im Freien, kopiert in den Museen. Bei einem Zeichenwettbewerb erhält er aus der Hand von A. T. Steinlen als Juror den ersten  Preis. Er arbeitet später bei Steinlen an der Druckerpresse, für Degas zieht er Monotypien ab, die heute im Louvre hängen, wie er berichtete.

Sein Fleiß und seine Begabung zeigen bald Früchte. Das Unglaubliche gelingt. In dieser Stadt, der Wahlheimat hunderter Künstler aus aller Welt, werden seine Bilder ausgestellt und verkauft. Die Einnahmen und das Preisgeld  des Wettbewerbs  erlauben es ihm Studienreisen zu unternehmen.

London, Mittelmeerländer, Afrika  stehen auf dem Programm. Im Jahre 1905 erste Reise nach Indien. Von 1907 bis 1911 dort  längere Aufenthalte. In Indien Freundschaft mit R. Tagore. Lehrtätigkeit an der von Tagore gegründeten  Universität Santiniketan in Calcutta.

Von 1911 bis 1914 lebt er dauernd in Paris. Sein Freunde gaben ihm dort den Namen „Le Noir, der Schwarze“, nachdem sie seine in Indien gemalten dunklen Bilder gesehen hatten.

Er begegnete in Paris  bereits 1900  Paula Modersohn Becker, die ihn in seinem Atelier besuchte und auch an der Colarossi studierte. Später waren es u.a.  Amedeo Modigliani, Heinrich Wilhelm Lehmbruck , Eugen Spiro, Elie Nadelmann , Jòsef Egry, Paul Signac mit denen er enge Kontakte hatte. Ab 1930 lebt er wieder in Deutschland. Zunächst in Berlin. Nach der Zerstörung  seiner Wohnung und des Ateliers in Berlin durch Kriegseinwirkungen  kehrt er wieder in seine oldenburgische  Heimat zurück. Zunächst zu Freunden nach Löningen, dann ab 1946 wieder nach Hude.  Von hier aus immer wieder spontane Reisen nach Paris. Hier in Hude schließt sich nach einer jahrzehntelangen Odyssee 1961  sein Lebenskreis.

Die französische Malerei des neunzehnten Jahrhunderts waren die Vorbilder für Heinz Witte. Er schreibt in einem Brief an den früheren Custos des Landesmuseums Oldenburg  Herrn Dr Vriesen im Jahre 1949:

„... so kam es, dass ich außer meiner Tätigkeit in der Colarossi in den Museen oder in den Kunstausstellungen nach Bildern von den Meistern suchte, die diese Stadt darzustellen versucht hatten.

Von diesen Malern gab es eine Menge, aber nur ganz wenige hielten meinem Genügen stand. Von den "Alten" waren es Bonington und Jacquemart, von den "Neueren" Jongkind und Raffaelli.

Bonington's Großzügigkeit und Jacquemart's Raffinessen, Jongkind's schwere Unheimlichkeit, die meinem norddeutschen Moorempfinden entgegenkam, und Raffaelli's subtile Art, das Menschengewoge in den Frühling zu stellen, begeisterten mich immer wieder, ein Gleiches zu versuchen.“

Seine Versuche waren außerordentlich erfolgreich, wie sich an vielen Beispielen zeigen lässt. Heinz Witte Lenoir war ein bedeutender Maler Norddeutschlands. Wenn auch durch viele verschiedene Einflüsse wie häufiger Wohnsitzwechsel, Reisen, Kriegsschäden usw. viele Arbeiten zur Zeit noch unauffindbar oder endgültig verloren sind, so zeigen uns die noch jetzt nachweisbaren über 700 Arbeiten aus seiner Hand, welches große Talent hier in unserer Heimat aufgewachsen ist.